Heimatortsgemeinschaft Parabutsch e.V.
230 Jahre Parabutsch 2016

Bericht einer Rundreise

Im Rahmen einer Rundreise durch die „Heimatstuben und Gedenkstätten in Baden-Württemberg“

besuchte Dipl. Ing. Manfred Korhammer aus Wien im Frühjahr 2023 auch das Heimatmuseum der HOG Parabutsch. Einen ausführlichen Bericht über das Museum, veröffentlichte er in den „Mitteilungen des Schwabenvereins Wien“, und in einem Lichtbildervortrag im „Haus der Heimat“ in Wien“. Da dieser Bericht in einzigartiger Weise das HOG-Museum beschreibt, soll er mit Einwilligung des Autors hier wiedergegeben werden. (MOt.)

 

BERICHT VOM HEIMATMUSEUM PARABUTSCH

Im Ortsteil Langenbrücken von Bad Schönborn, nördlich von Karlsruhe gelegen, befindet sich in Bahnhofsnähe das Bürgerhaus der Gemeinde, in dem das Heimatmuseum der HOG Parabutsch untergebracht ist. Bei meiner Ankunft am 15. Mai 2023 wurde ich von Hans Drach und Elisabeth Päßler herzlich begrüßt. Sie führten mich in das ausgebaute Dachgeschoss, in dem sich ein Teil der umfangreichen Sammlung der Parabutscher befindet.

Einen zentralen Platz nimmt das große Ortsmodell von Parabutsch aus der Zeit vor der Vertreibung ein. Hier hat man in mühevoller Arbeit die Häuser in ihren verschiedenen Formen (Langhaus, Winkelhaus, Querhaus) maßstabsgetreu und lagerichtig nachgebildet. Im Zentrum der Ortschaft steht die katholische Kirche.

Parabutsch lag im südlichen Teil der Batschka und heißt heute Ratkovo, benannt nach dem serbischen Partisanen Ratko Pawlowits. Eine Festtagsbroschüre aus 1986 erinnert an die Gründung der deutschen Gemeinde vor 200 Jahren. Bei der Feier in Bad Schönborn wurde wie auch 1936 bei der 150 Jahr-Feier in der alten Heimat ein Bändertanz aufgeführt. Den Annalen kann entnommen werden, dass die seinerzeitige 100 Jahr-Feier 1886 recht bescheiden war und offenbar noch immer Not herrschte.

Aus dieser Zeit ist eine damals an der barocken Pfarrkirche angebrachte Tafel erhalten, die an die Ortsgründung in der Zeit von Kaiser Josef II erinnert. Diese Tafel wurde ebenso wie die im 2. Weltkrieg durch russische Soldaten herunter geschossene blecherne Kirchturmspitze nach der Vertreibung auf abenteuerliche Weise gerettet und nach Bad Schönborn gebracht. Die blecherne Turmspitze ist nunmehr neben einer stilisierten Kapelle im Museum zu sehen. Innerhalb dieser Kapelle befinden sich Nachbildungen vom Altar der Parabutscher Kirche St. Nepomuk mit dem Hochaltarbild. Gerettet wurde auch eine Marienfahne aus der Kirche. Eine neuere Fahne erinnert an die Eröffnung des Heimatmuseums im Jahr 1994.

Eine Broschüre der Heimatortsgemeinschaft gedenkt dem Ortsjubiläum „750 Jahre Langenbrücken“ im Jahr 2019. Berichtet wird unter anderem von den schwierigen Jahren der Wohnungsknappheit nach dem Krieg, als auf Anordnung der amerikanischen Militärverwaltung zur Unterbringung der Vertriebenen sogar Zwangseinweisungen in Häuser der Einheimischen durchgeführt wurden. Abhilfe gab es durch die Beschaffung von Grundstücken durch die Gemeinde und die Bereitstellung günstiger Darlehen für bauwillige Vertriebene und Kriegsbeschädigte, sodass 1949 die ersten Eigenheime errichtet werden konnten.

Von der Militärverwaltung war angeordnet worden, dass die Vertriebenen nicht in geschlossenen Dorfgemeinschaften, sondern aufgeteilt auf verschiedene Gruppen angesiedelt werden sollten. Damit sollte die Integration in die Aufnahmegesellschaften erleichtert werden. Entgegen dieser Vorgabe siedelten sich jedoch viele Parabutscher gerade in Langenbrücken an. Dort gab es günstige Bauplätze, Arbeitsmöglichkeiten in der Textilindustrie und eine gute Bahnanbindung.

Die geschlossene Ansiedlung so vieler Landsleute gab den Parabutschern eine Vorrangstellung unter den Vertriebenen, erleichterte die Pflege ihrer Traditionen und stärkte ihr Zusammengehörigkeitsgefühl. Ab 1957 fand in Langenbrücken das jährliche Pfingsttreffen statt. 1969 wurde bei einem großen Treffen mit Teilnehmern aus ganz Europa, aus den USA, Kanada, Argentinien und Australien das Ehrenmal auf dem Friedhof eingeweiht, das der aus Budapest stammende Künstler de Ponte gestaltet hatte.

Im unteren Ausstellungraum des Heimatmuseums wurde ein Planwagen aus der Zeit der Flucht vor den Partisanen aufgestellt. Das davorstehende Modell der jungen Frau mit ihrer kleinen Tochter im Arm ist sehr berührend.

Eine Tafel erinnert an die berühmteste Frau aus Parabutsch, Annemarie Ackermann, die sich als Mitglied des deutschen Bundestages viel für die rechtlichen Belange der Donauschwaben eingesetzt hatte.

Auf einer Schautafel sind die Fluchtrouten der Parabutscher ab Oktober 1944 sowie aus verschiedenen Zwangsarbeitslagern dargestellt.

Von Frau Päßler erhielt ich eine DVD, die, mit Musik hinterlegt, informativ und übersichtlich über die Geschichte der Landsleute berichtet. Der zweite Teil der DVD zeigt ein Interview mit Reinhilde Link und Hans Drach über ihre Fluchterlebnisse als Kinder. Es wurde im unteren Ausstellungsraum des Museums aufgenommen. Man erfährt von zwei unterschiedlichen Schicksalen. Die Familie von Reinhilde konnte im Oktober 1944 noch rechtzeitig fliehen. Bei Hans entschied seine Mutter, die begonnene Flucht abzubrechen und wieder nach Parabutsch zurückzukehren. Die Folge war die Gefangennahme durch die Partisanen und die Einlieferung in das Internierungslager Gakowo. 15 Personen mussten sich ein leeres Zimmer mit Stroh als Liegestatt teilen. Es begann eine schreckliche Zeit für die Mutter mit ihren drei kleinen Kindern, denen letztlich aber die Flucht gelang und sie überleben konnten.

Im zweiten Ausstellungsraum gibt es zahlreiche schöne erwachsene Trachtenpuppen zu sehen. Die jungen Frauen mit weißen kurzärmligen Blusen, langen Röcken in verschiedenen Farben, ihren Schürzen und Umhängtüchern sind hübsch anzuschauen. Eine Besonderheit ist der am Boden angebrachte Spiegel zwischen zwei Trachtenpuppen, der einen Blick unter die vielen Unterröcke der jungen Frauen erlaubt.

Dann gibt es das alte Ehepaar auf der Bank, eine Frau am Spinnrad und ein junges Mädchen in weißer Tracht das als Marienmädchen bei Prozessionen die Marienfahne begleitet.

Ausgestellt ist ein Paradezimmer mit Tisch, hohem Bett, geöffnetem Wäscheschrank, einer Kommode mit Ziergegenständen.

Der Bereich Landwirtschaft zeigt einen Leiterwagen, einen stählernen Pflug, eine Dezimalwaage für das Verwiegen der Getreidesäcke u.a.

Zum Haushaltsbereich gehören die Darstellung eines Küchenofens, viel Geschirr und Küchengeräte, gestickte Wandtücher, Einmachgläser und für mich besonders interessant eine händische Waschmaschine. Man sieht Gerätschaften für den Barbier, religiöse Gegenstände mit Gebetbüchern und einiges Andere.

Nach der Besichtigung des Heimatmuseums konnte ich den Vertretern der HOG zur großartigen Gestaltung der Ausstellung gratulieren und mich für die Führung im Haus wie auch für die Begleitung von Hans Drach zum Ehrenmal im Friedhof herzlich bedanken. Ich wünsche der HOG viel Freude an weiteren Aktivitäten und viel Zuspruch von außen.

Dipl. Ing. Manfred Korhammer, Wien