Ein Vortrag von Heribert Rech: Die Donauschwaben – Europäer der ersten Stunde?“
- MOt.
- 30. Juni
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Aktualisiert: 1. Juli
Eine klare Antwort auf diese Frage gab der HOG-Vorsitzende, Innenminister a.D. Heribert Rech, in seinem Vortrag über die wechselvolle Geschichte der Donauschwaben. Unter den zahlreichen Gästen begrüßte Rech auch Delegationen der französischen und ungarischen Partnergemeinden aus Niederbronn-les-Bains und Kiskunmajsa. Am „blauen Band Europas“, der Donau, haben die Donauschwaben über 200 Jahre lang in einem Vielvölker -Staat gelebt, der eigentlich kein Staat war, sondern ein Neben- und Miteinander ganz verschiedener Ethnien. Beiderseits des Stroms wurden annähernd 40 verschiedene Sprachen gesprochen und verschiedene Kulturen gepflegt, wie der Redner sehr anschaulich darlegte. Über Generationen sei das Leben der Donauschwaben von kulturellem Austausch gekennzeichnet gewesen. Sie hätten ab dem 18. Jahrhundert, im damaligen Königreich Ungarn, mit ihren ungarischen, rumänischen, serbischen und kroatischen Nachbarn friedlich zusammengelebt. Nicht die ethnische Herkunft sei für die Ansiedlung maßgeblich gewesen, sie war völlig nebensächlich, sondern die wirtschaftlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und die Bereitschaft, Wehrdienst zu leisten waren entscheidend. Den Habsburgern lag an einer Wiederbelebung des Wirtschaftslebens in der brachliegenden Vojvodina und an einer Stärkung des Bollwerks gegen die osmanische Gefahr. „Die Geschichte der Donauschwaben ist ein Beispiel für europäische Migration, verbunden mit Aufbrüchen und Begegnungen!“ Rech verband diesen Apell mit dem Hinweis auf das HOG-Museum in Langenbrücken, das Leben und Kultur der Auswanderer in der Vielvölkerregion an der Donau eindrucksvoll veranschaulicht. Es zeige aber auch die Folgen von Nationalismus und Zwangsmigration im 20. Jahrhundert. Auf diese Weise leiste das Museum auch einen Beitrag zur Verständigung in Europa. Die Fragen „Wer waren die Donauschwaben? Wie sind sie auf den Balkan gekommen? Warum ging ihre Geschichte nach über 200 Jahren unwiderruflich zu Ende?“ beantwortete der HOG-Vorsitzende für alle Zuhörer sehr verständlich u.a. eines Lebenslaufs des Hutmachers Michael Herdt, der 1880 in der Batschka geboren wurde, der nur sechs Jahre zur Schule ging, aber fünf Sprachen perfekt beherrschte und zum Inhaber des größten Kaufhauses in der Südbatschka wurde. Michael Herdt sei ein treuer Untertan des habsburgischen Kaisers gewesen. Als die k.u.k. Monarchie 1918 zerfiel, wurde der deutsche Kolonist ein ebenso treuer Untertan des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen. Als der fleißige und erfolgreiche Sohn einer armen Auswandererfamilie 1944 vor den Partisanen Titos fliehen musste, hatte der 65-Jährige nach einer langen Irrfahrt nur einen Koffer voller Geld bei sich, ungarische Pengö, die jetzt nichts mehr wert waren. Michael Herdt hat sich bis an sein Lebensende mit 85 Jahren über all das beharrlich ausgeschwiegen und bis zuletzt nicht verstanden, warum Freunde nach über 200 Jahren zu Feinden wurden.
Die deutschen Heimatvertriebenen hätten aber nicht geschwiegen. Sie haben ihre Zukunft schon sehr früh in ihrer neuen Heimat, in der Versöhnung mit den Herkunftsländern gesehen. Die 1950 vor den Ruinen des Neuen Schlosses in Stuttgart verkündete „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ dokumentiere den festen Willen zu einem freien und geeinten Europa, in dem die Völker friedlich unter einem Dach zusammenleben und die Gedanken von Rache und Vergeltung keinen Platz haben. Aus Menschen, die entwurzelt waren, wurden Brückenbauer. Die Donauschwaben waren tatsächlich „Europäer der ersten Stunde!“ rief Rech unter großem Beifall den Teilnehmern des informativen Nachmittags zu.
Dr. Rudolf Schmich







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